Hinauf in die Berge, in den Westghats
distance: 603.36km
duration: 85h 37min
Madikeri, Region Coorg, Karnataka
Von 0 auf 1166 Höhenmetern
Den Weg von der heißen und trockenen Küste hinauf in die doch sehr kühlen Berge finden wir sehr angenehm. Wir besuchen die Region Coorg im Feber, in der Zeit der Kaffeeblüte. Es duftet überall herrlich von den schönen, weißen Blüten des Kaffeebaumes. Die Wälder sehen wie schneebedeckt aus und verzaubern die Region Coorg in ein Kaffeeparadies.
Heute produziert Karnataka 140.000 Tonnen Kaffee pro Jahr und ist damit der größte Kaffeeproduzent in Indien. Die Kaffeesamen wurde 1670 von einem muslimischen Pilger aus Mekka importiert. Der Kaffee wird zum größten Teil an Nescafe verkauft.
Neben Kaffee spielen Gewürze wie der Pfeffer, Kardamom und Nelke eine wichtige Rolle.
Nachdem wir schon etliche indisch-chaotische Dörfer gesehen haben, bin ich trotz allem guter Hoffnung einen entspannten Ort aufzutreffen. Ich träume von Kaffeehäusern, in denen man gemütlich seine Reiseplanung mit einer guten Melange machen kann. Man stellt sich doch vor, dass in einer Stadt umringt von Kaffeeplantagen, ein paar Kaffeehäuser zu finden sind - leider nein. Kein Kaffee zu finden, nicht mal im Hotel!
Wir checken die Hotels in Madikeri, wie im Reiseführer beschrieben ab und stellen fest, dass dieser Ort wohl kaum von Touristen besucht wird. Das durchschnittliche Niveau ist sehr niedrig, es gibt vermutlich kaum Konkurrenz. Nach langer Suche finden wir doch ein preiswertes, ruhiges und sauberes Zimmer. Es gibt zwar ein Luxushotel im Ort, aber dieses nutzen wir dann für das Abendessen, dort gibt es nämlich westliches Essen.
Der Ort ist auf einer hügeligen Landschaft verstreut. Leider herrscht hier wie immer das Bauchaos.
Nach zwei Orientierungstagen in Madikeri, finden wir eine schöne und wirklich ruhige Unterkunft auf einer Kaffeeplantage. Wir genießen die Stille an diesem Ort, denn Madikeri hatte es wiedermal in sich.
In dieser Region bemerken wir Hinweisschilder zur Vermeidung von Plastikmüll. Anscheinend versucht der ganze Ort wirklich Plastik zu vermeiden, denn sogar unser Einkauf wird in Zeitungspapier eingepackt.
Im Supermarkt ist mir dann aber die eigenartige Verpackung in Plastiktüten aufgefallen. Öl, Milch, jegliche Flüssigkeit wird in 0,5l Plastiktüten verkauft. - Also doch wieder Plastik!
Wenn man mit einem Fahrrad langsam den Berg hochfährt, dann sieht man die Details am Strassenrand genauer. Man hat sogar Zeit die Dinge gut zu sehen und oft überkommt mich die Wut. Schlimm, wenn man dann nur noch Plastik entlang der Strasse wahrnimmt.
Den kleinen Bauern scheint es hier gut zu gehen, denn die Häuser sehen hier sehr gepflegt aus. Inmitten der Kaffeeplantagen tauchen natürlich auch die reichen Großgrundbesitzer mit ihren Villen auf. Mit dem gewissen Kleingeld könnte man hier chic Urlaub machen. Manche Anlagen erinnern an die Kolonialzeit mit Tennisplatz und Teeterrasse.
Doch da wir Low Budget unterwegs sind, verzichten wir auf Luxus und holen uns beim Strassenrestaurant im Dorf unser Mittagessen. Mittlerweile ist unser Magen alles gewöhnt.
Auf der Farm gibt es einen Rundgang mit dem Bauern und wir werden über Kaffee, Pfeffer und Kardamom aufgeklärt.
Mit einem frisch vermählten Pärchen, unsere Zimmernachbarn auf der Farm, mache ich mich einen Tag auf den Weg in den Pushbagiri Wildlife Park.
Sie wirken auf mich wie ein jugendliches, frisch verliebtes Pärchen. Emotionen werden hochgespielt, alles scheint wie in einem Film zu sein. Ich versuche diesem Verhalten auf den Grund zu gehen und frage während der langen Fahrt immer wieder nach.
Man sagt die Vermählungen von gebildeten Indern finden heutzutage nicht mehr unter der Kontrolle der Familie statt. Man versucht aber den Schein zu wahren, denn in den meisten Gebieten wird immer noch von den Eltern die Verbindung zu einer anderen Familie hergestellt. Oft wird auch die Cousine geheiratet, damit der Besitz in der Familie bleibt.
Die zwei frisch Verliebten kennen sich seit 3 Monaten. Bei einem Picknick, von den zwei Familien organisiert, durften sich die zwei kennenlernen. Danach entscheidet man sich ob eine Sympathie vorhanden ist und man heiraten will.
Sie fanden sich sehr sympathisch und sagten "ja". Diese Flitterwochen sind sozusagen die Kennenlernphase des verheirateten Pärchens. Für mich wirkt ihr Verhalten ein wenig nach "Bollywood Love Movie".
Bei der Weiterfahrt treffen wir auf tapfere Strassenverkäufer. Wer weiß, wieviele Kilometer sie für den Verkauf ihrer Waren wohl laufen mussten. Zum Glück ist wenigstens das Klima angenehm und frisch.
Dubare Elefantencamp
Nicht weit von unserem Farmerhaus entfernt liegt der Dubare Elefantenpark. Hier werden Elefanten für die Festlichkeiten (Dasahra) in Mysore ausgebildet. Das Camp macht einen guten Eindruck auf uns, aber wer weiß schon genau wie diese Elefanten wirklich behandelt werden. Es wimmelt hier nur so von indischen Touristengruppen, aber es ist natürlich Samstag. Es kommen nach und nach Busse an, die Begeisterung für diese Tiere ist auch bei den Indern zu sehen.
Durch das Camp fließt ein breiter, nicht tiefer Bach auf dem auch "Rafting" angeboten wird (Wenn es hier auch mal Strömung gibt?). Ein Adventurepark für die Inder also. Uns fällt ein eigenartiges Verhalten der Besucher auf, mehrere Touristengruppen legen sich voll angezogen in das Wasser. Lustig zu beobachten, dass dieser Bach etwas ganz Neues für sie zu sein scheint. Sie verhalten sich sehr vorsichtig, als ob sie das erste Mal ihre Füße in ein natürliches Gewässer halten würden. Viele Busse kommen aus den Großstädten und daher wird es wohl wirklich für Viele das erste Mal sein.
Nagarhole Nationalpark
Mit Vorfreude machen wir uns auf den Weg Richtung Nationalpark, aber was wir in diesem Moment noch nicht wissen,
daß man hier nicht mit einem zweirädrigen Gefährt fahren darf!
Wenn euch jemand erzählt, dass ein Auto durch einen Nationalpark fahren darf, aber ein zweirädriges Vehikel nicht, dann könnt ihr es wohl auch nicht glauben, dass Fahrräder verboten sind. Während wir an der Schranke warten, werden Motorräder und Autos durchgeschleust, aber WIR müssen draussen bleiben.
Ein Schild weist bei der Schranke auf das zweirädrige Verbot hin, aber wir finden doch Christians Fahrrad hat doch drei Räder!?!
Wir haben uns nach längerer Diskusionen schon richtig gut mit den Wächtern am Checkpoint angefreundet. Telefonate mit höherer Instanz bringen uns hier auch nicht weiter. Wir sind in einer typisch indischen Situation gelandet - Stillstand ist angesagt. Es passiert einfach nichts...
Wir dachten es wäre ein Mal eine ruhige, autofreie Strecke. Natürlich denken wir auch ans Zelten im Nationalpark.
Wir haben es uns in den Kopf gesetzt!
Wir sind so stur, trotzdem dass der Umweg nicht weit wäre.
Er gilt als Nationalpark mit vielen gefährlichen Tieren und man kann daher nur mit dem Auto durchfahren. Was für ein Naturschutzgebiet ist das, wenn jeder mit dem Auto durch fahren darf?
Nach langem Hin und Her müssen wir uns doch einen Geländewagen organisieren. Das geht dann recht schnell, denn die Wächter bekommen gerne Provision von den Taxifahrern.
Bei der Durchfahrt haben wir zwar viele Rehe gesehen, aber der Autolärm hat natürlich alle anderen Tiere verscheucht.
Unser Plan wäre die Unterkunft direkt beim Nationalpark zu nehmen, sodass wir am nächsten Morgen von hier die Safari starten können.
Leider ist die Unterkunft enorm überteuert (auch für uns Europäer) und wir müssen nach Hunsur, den nächsten Ort weiterfahren. Hunsur ist für uns höllisch, es gibt kaum Unterkünfte und schon gar nicht annähernd saubere. Nachdem wir die Strasse dreimal auf- und abgefahren sind, haben wir uns schlussendlich für eine Unterkunft entschlossen. Der Portier scheint ein Netter zu sein und auch das Hotel wirkt fast normal.
Das Grauen unseres Safaritrips beginnt in der Nacht
Mitten in der Nacht kommt eine Reisegruppe in unserem Hotel an. Das Stiegenhaus hallt und wir wachen beide schnell auf. Alle zwei Minuten versucht jemand in unser Zimmer zu kommen. Immer und immer wieder wird die Türschnalle gedrückt. Vergleichsweise in Österreich, da würden alle nur flüstern und niemanden aufwecken wollen. In Indien wird laut weitergeplappert und kein Einziger macht den Anschein sich ein bisschen zurückzuhalten.
Wir probieren es mit europäischer Manier und fragen höflichst um Stille - leider keine Veränderung.
Wir liegen im Bett und denken uns nur - ach die INDER.
Für den nächsten Morgen haben wir uns einen Taxifahrer organisiert, der uns zurück in den Nationalpark bringt, um dort die geplante Safari zu unternehmen. Ausgemacht ist fünf Uhr früh, leider kommt er eine halbe Stunde zu spät und der Ärger wächst.
Voll genervt fahren wir dann um halb sechs von unserem Hotel los. Eine Stunde dauert die Anfahrt zur Hauptstation in den Park. Genervt von der Nacht und von der Verspätung des Taxifahrers, ist unser Fahrer zusätzlich noch einer von den ganz Vorsichtigen auf der Strasse und hupt bei jedem Furz.
Wir haben es nun in den Nationalpark geschafft. Im Verwaltungsbüro sehen wir zum ersten Mal die Preise für eine Safari. Hui, für Ausländer wird der vierfache Preis verrechnet. 16 Euro pro Person für eine Stunde Busfahrt im Wald. Mit der Anreise vom Hotel und den Übernachtungskosten wird die Safari recht teuer. Wir warten, sind aber auch die einzigen Touristen hier. Nach einer Weile versucht man uns klar zu machen, dass es für nur zwei Touristen natürlich noch teurer wird. Uns reicht es nun wirklich und wir gehen zum Vorsteher des Parks. Zum Glück hatte dieser Herr Verständnis dafür und gab uns den normalen vervierfachten Preis. Na gut, wir machen es ja nur einmal.
Die Fahrt durch den Wald geschieht mit einem einzigartigen, grünen Bus. Laut und knarrend geht es langsam über eine Forststrasse durch den Wald. Die Tiere werden von weitem durch das Geräusch unseres Busses verscheucht. Da es früh am Morgen ist, haben wir aber eine sehr angenehmes Klima. Zum Glück konnten wir einige Tiere wie Rehe und Wildschweine sehen, aber richtig ausgezahlt hat es sich nach all den Strapazen nicht.
Verärgert und aufgelöst machen wir uns auf den Weg, aber das uns dieser Tag noch schöne Dinge bieten wird, wissen wir bei der Abfahrt noch nicht. Schon nach 17 Kilometern nördlich von Hunsur überrascht uns ein Exilort der Tibeter. Wir erkundigen uns und fahren natürlich in den Ort hinein. Ein buddhistisches Kloster für Tibeter lässt unser Herz höher schlagen.
Wir wurden sogar auf einen Tee eingeladen und die jungen Burschen erzählen uns ihre Geschichte über das Leben in Indien und von ihrem Exil. Das Kulturhaus, indem die jungen Tibeter ihren Treffpunkt haben, wird uns stolz vorgeführt und der Altar mit all ihren Opfergaben.
Nach solch einem netten Erlebnis tritt es sich wieder viel leichter in die Pedale. Der Weg zum nächsten Nationalpark ist interessant und ausnahmweise mal ruhig.
Bandipur Nationalpark, Tiger Reserve
Die nächste Chance wilde Tiere zu sehen gibt es schon bald. Durch den Bandipur Nationalpark darf jeder fahren, auch wir Glücklichen mit dem Fahrrad! Obwohl es hier wilde Tiger geben soll!
Die Strasse ist recht ruhig und nur ein paar Touristenautos und Busse machen Lärm. Grundsätzlich ist das Hupen hier verboten, aber die Inder halten sich nicht daran. Wir werden wie immer heftig angehupt. Wahrscheinlich sind wir eine Zusatzattraktion im Park.
Die Strecke ist toll zu fahren. Einige Rehe und Wildschweine stehen am Strassenrand, manchmal auch Affen. Jetzt erst bekommt man das Gefühl von Wild Life.
Die Tiger verstecken sich, aber das ist auch gut so, denn am Fahrrad muss ich keinem begegnen.
Es gibt hier nur einen einzigen steilen Anstieg und Christian nutzt die nächste Chance als Lastwagenlutscher! (Grüsse an Oliver) Christian hängt sich an den LKW an und lässt sich gemütlich mit hinaufziehen. Das erscheint zwar leicht, aber man braucht dazu einen starken Oberarm. Ich kann mich mit meinem Fahrrad nur leichte und kurze Steigungen hochziehen lassen.
Im Verwaltungszentrum direkt im Park versuchen wir erneut eine Unterkunft zu bekommen. Die Preise sind wiedermal irrsinnig hoch. Zuschläge für Nationalpark und Ausländer.
Fährt man jedoch ein Stückchen weiter, gelangt man am Ende des Parks an einen für Touristen geschaffenen Schlafort. Hier werden keine extra Nationalparkkosten verrechnet. Die Anmeldung für die Unterkünfte verläuft eigenartigerweise über eine zentrale Stelle im Ort, aber immerhin hat es funktioniert. Wir bleiben hier für zwei Nächte, denn wir finden eine ganz nette Logia.
Die Aussicht von unserer Terrasse ist natürlich interessant. Wir haben hier genügend Platz um unsere Wäsche zu waschen und aufzuhängen.
Die Einheimischen bieten ausserhalb des Areals private Safaris an. Da es an der Grenze zum eigentlichen Park genauso viel zu sehen gibt, wie innerhalb des Areals, bieten die Einheimischen Safaris um nur 10 Euro pro Auto an. Naja wir versuchen es noch einmal.
Diesmal hatten wir viel mehr Glück. Neben Rehe und Pfaue konnten wir einen mächtigen indischen Bison sehen.