Der Karakorumhighway, von Sost nach Islamabad
distance: 1135.34km
duration: 91h 33min
Im Liegebus, voll mit Pakistani, war schon mal eine gute Einführung in die Kultur. Alle haben gute Laune, alle sehr gesprächig und lustig. Jedes mal wenn der Bus stehen blieb, ärgerten sie den Busfahrer und riefen "Chello Chello Pakistan!", was soviel heißt wie "Go to Pakistan!" und "Beeilung".
Wir befragen die Händler, was ihre Meinung über China sei. Der Export sei sehr gut, da China um einiges teurer ist, aber die große Freundschaft gibt es hier nicht. Der Karakorum Highway (KKH) wird von chinesischen Firmen erneuert. Wir sehen auf der Strasse meist pakistanische Arbeiter und chinesische Bauleiter. Es wird fleißig gearbeitet und die Straße ist perfekt. Es wurden sogar Denkmäler für die chinesisch-pakistanische Freundschaft errichtet, aber richtig glaubwürdig wirkt dieser ganze Zirkus nicht.
Angekommen am Grenzort in Sost werden wir von Sonnenschein und toller Aussicht empfangen. Ich bin überaus glücklich endlich hier zu sein. Es ist viel wärmer, spannender, chaotischer und nicht vergleichbar mit den anderen Ländern. Die erste Nacht verbringen wir in dem Grenzort und brechen am nächsten Tag voller Vorfreude auf.
Die erste Etappe ist ein schöner "Sonntagsausflug". Grundsätzlich fahren wir den KKH hinunter und somit gibt es mehr Gefälle als Steigungen. So bleibt mir mehr Zeit die Umgebung zu betrachten, als mich auf die Anstrengung zu konzentrieren.
In Passu haben wir eine gute Hoteladresse, aber leider ist durch die wenigen Touristen schon fast alles geschlossen, auch unser Hotel. Wir bekommen eine weitere Empfehlung, für das teuerste Hotel in dieser Gegend. Wir begutachten es, finden es sehr schön und mit 18$ für zwei Personen pro Nacht sind wir dann auch sehr zufrieden und schlagen zu.
In Pakistan gibt es schönes Handwerk zu entdecken, die Türen mit Schnitzereien verziert und die Zimmer mit Holzmöbel nett eingerichtet.
In Zentralasien wurde auf Schönes nicht viel Wert gelegt. Hier in Pakistan ist die Bevölkerung zwar ärmer als in den letzten Ländern, aber das Eigenheim wird verziert und verschönert, ein Teil der Tradition. Es ist also keine Frage des Geldes.
Wir bekommen sehr gutes Essen und werden im Hotel wie Könige behandelt, ach geht es uns gut.
Manchmal kommt uns der Umgang mit Touristen übertrieben vor, wenn z.B. der Kellner nach dem Servieren des Essens rückwärts den Tisch verlässt. Gruß aus Großbritannien.
In den nächsten Tagen zog das Wetter zu und wir bleiben drei weitere Nächte in Passu, in der Hoffnung auf einen Umschwung.
Ich hatte ein tolles Erlebnis als ich vor dem Eingang des Hotels meine Taschen vom Fahrrad nahm. Eine männliche Reisegruppe (ca. 8 Männer) kam in dem selben Moment aus dem Hotel. Sie fragten mich woher ich komme und was wir hier so treiben? Ich erzählte ihnen, dass wir in der Türkei gestartet haben und durch welche Länder wir gefahren sind. Auf einmal fingen alle zum Applaudieren an und gratulierten mir zur tollen Reise. Dieser Moment hat mich sehr überwältigt. Oft ist einem gar nicht mehr bewusst wie aussergewöhnlich wir unterwegs sind, für uns ist das ja schon ganz normal.
Nach dem Besuch des beeindruckenden Gletschers in Passu fahren wir nach Gulmit weiter.
In Gulmit wird das Silkroadfestival veranstaltet, welches wir nicht versäumen wollen.
Das Festival ist interessant, aber manche Tänze haben eine ganz besondere Choreografie. Auffallend ist, dass bei den Vorführungen nur Männer und Schüler teilnehmen. Die Tänze werden von Männern choreografiert und getanzt.
Leider ist es im Norden Pakistans auch schon recht kalt geworden. Wenn untertags die Sonne scheint ist es aber schön warm. Die Hotelzimmer haben keine Heizung und wir schlafen mit unseren dicken Schlafsäcken. Unvorstellbar dass trotz kalten Wintermonaten die Einheimischen ohne Heizung auskommen. Ich bin wiedermal überaus glücklich meinen tollen Daunenschlafsack dabei zu haben.
Kurz vor der Ankunft in Gulmit bleibt plötzlich ein Auto neben uns stehen. Ich hör nur "Seid ihr die zwei Österreicher?". Schon von weitem hat uns Margit aus dem österreichischen Aussenministerium in Islamabad erkannt. Wir hatten ihr kurz vor der Einreise ein Email mit unseren Daten geschrieben. Eine lustige Situation, ich hab mich gefreut.
Wir treffen uns abends zum gemütlichen Candle Light Dinner, denn Strom ist in diesem Gebiet was Besonderes. Immer wieder gibts für längere Zeit Stromausfälle. Mir wurde erklärt, dass die Energieerzeugung durch Wasserkraft in der kalten Jahreszeit durch das Einfrieren des Wassers erschwert wird. Wer's glauben will! Es wird hier sehr viel gepfuscht, alles funktioniert nur zur Hälfte. Wie hält man sowas aus.
Nächste Station am KKH ... Karimabad. Die Strasse ist wie immer perfekt, ausser der durch einen Felsenbruch erzeugte Stausee, der nun mit einem Boot überquert werden muss.
Es wurde schon ein großer Teil des Wassers abgelassen, trotzdem fährt man noch 10km auf dem Boot zum anderen Ufer. Dort warten schon einige LKW's auf das Abladen ihrer Fracht, die mit einfachsten Booten über denn See geschifft werden und auf dem anderen Ufer wieder auf neue LKW's für den Weitertransport aufgeladen werden.
Der Mittelpunkt von Karimabad liegt auf einem Hochplateu des Hunza Valley.
Aber ein bisschen ausgestorben kommt es uns hier schon vor! Entweder liegt es an der Jahreszeit oder wirklich am Rückgang der Touristen.
Wir lassen uns im Old Hunza Inn nieder. Nichts besonderes, einfaches Zimmer. Irgendwie wird die Putzerei nicht besonders ernst genommen. Meistens muffelt es aus den Badezimmern, die Teppichböden werden wahrscheinlich einmal im Monat gesaugt.
Wir erwischen wiedermal ein Badezimmer mit schlechter Dusche, was soviel heißt wie kein Druck und nur manchmal warmes Wasser. Uns wird erzählt, es müsste mindestens zwei Stunden Strom vorhanden sein, damit sich das Wasser aufwärmt. Nix da, es wird nie warm! Zum Glück haben wir unseren Benzinkocher und unsere tolle MSR Dusche. Der einzige Grund in einem Zimmer zu schlafen ist doch der Komfort ein Badezimmer zu haben und die Wärme. Für was zahlen wir hier?
Ein Ausflug auf die Burg.
Mit dem Wetter haben wir kein Glück, es zieht schon bald wieder zu und es bleibt ungemütlich kalt.
Es gibt einen Tag Sonnenschein, ich nutze das gute Wetter und spaziere auf den höchsten bewohnten Ort des Hunza Valley, auf das sogenannte Eagle's Nest.
Es ist ein schöner Spaziergang durch das Dorf, traumhafte Aussichten, die Berge strahlen.
Auf der Kuppe des Eagle Nest, am Fusse des Ladyfingers, befinden sich zwei Hotels, alle leerstehend. Ich gönn mir ein Mittagessen und einen Tee bevor ich mich auf den Rückweg mache.
Wir fahren nach Minapin weiter, der Ort direkt am Fuße des Rakaposhi. Wir wollten schon von Karimabad einen Ausflug auf den Rakaposhi machen, aber das Wetter lässt uns nicht.
Das Wetter wird nicht besser und wir können leider nicht hochspazieren. Dafür schlafen wir aber in einem netten Hotel mit großem Obstgarten. Wir können uns den Sommer hier traumhaft vorstellen.
In Gilgit ist für uns zwar die Endstation des Radfahrens, aber das Erkunden der großen Berge ist noch lange nicht vorbei. Trotz mittelmäßigem Wetter und komplizierter Organisation (die Saison ist schon vorbei) entscheiden wir uns für einen Zwei-Tagesausflug zum Nanga Parbat. Wir lassen uns zur Raikot Brücke bringen und von dort geht es eine abenteuerliche Schotterpiste im 4x4 Geländewagen in die Höhe. Zwei Stunden bis zum Tatto Village, es ist eine atemberaubende Fahrt. Höhenangst sollte man hier nicht haben und ein Stück Vertrauen in die Einheimischen benötigt man auch.
Unser Guide erzählt uns die Geschichten von Reinhold Messner und zeigt uns den Weg seiner ersten Besteigung. Da wir in der Nebensaison hier sind, schlafen wir in den Holzhütten in der Nähe des Tatto Dorfes und nicht höher.
Nach einer kalten Nacht auf rund 2000 Hm geht es frühmorgens los. Da hier nichts mehr los ist, werden wir aus Sicherheitsgründen quasi gezwungen uns vom Guide begleiten zu lassen. Im Grunde könnte man dem Wanderweg aber auch alleine folgen.
Nach ca. drei gemütlichen Wanderstunden erreichen wir Fairy Meadows. Im Wald liegt schon der Schnee, die Bäche sind wie im Märchenbuch eingefroren. Ich kann den Nadelwald riechen, ein vertrauter Duft. Der Ort ist eingewintert, alles ist still und ruhig.
Wir bekommen Tee serviert und genießen die Aussicht auf den mächtigen Nanga Parbat.
Wir sitzen sicher zwei Stunden und beobachten die Wolken, man kann sie nicht einschätzen, der Wind weht die Wolken als wenn Frau Holle hier im Spiel wäre.
Den Abstieg zu unserem Camp bewältigen wir über ein kleines Dörfchen, wo wir den letzten Einheimischen vor der Winterpause treffen. Im Sommer ziehen die Einheimischen mit Sack und Pack in die Berge.
Zurück nach Gilgit, weil dort haben wir unsere Räder und das restliche Gepäck verstaut. Wir planen von hier mit dem Bus-Konvoi (aus Sicherheitsgründen) nach Manshera weiter zu fahren.
Morgens um 9 Uhr früh fahren wir zur Busstation. Leider haben wir uns einen schlechten Tag ausgewählt, denn die Strasse wurde durch einen Hangsturz verschüttet und daher blockiert, heute gibt es kein Weiterkommen mehr. Ich kann mit solchen Situationen schwer umgehen, mich ärgert sowas immer maßlos weil es nicht nach Plan vorangeht. Nach zwei Stunden habe dann auch ich die Situation verdaut.
Für eine Nacht suchen wir uns neben dem Busgelände eine Unterkunft. Glücklicherweise um das selbe Geld wie in der Stadt, aber das bessere Angebot. Die Lonley Planet Empfehlungen liegen sehr oft daneben.
Neuer Tag, neuer Versuch. Es ist Vormittag und niemand weiß Genaueres ob heute die Busse fahren können oder nicht. Wir warten und warten....Glücklicherweise, nach einigen Stunden, können wir unsere Räder am Dach des Busses gut verstauen und die 14 -stündige Fahrt antreten.
Im Bus herrscht das Chaos, bis jemand die Fahrgäste auf ihre Plätze zuweist. Um 11 Uhr früh starten wir los und um drei Uhr morgens kommen wir in Manshera nach 380 Kilometern an.
Als wir ankommen, mitten in der Nacht um drei Uhr, wollen wir uns auf die Suche nach einem Hotel machen. Zuerst aber wird uns eine Eskorte zugeteilt, die uns gleich darauf zum wahrscheinlich teuersten Hotel begleitet. Wir verhandeln gut und bekommen daher auch ein preislich angepasstes Zimmer. Es ist gut genug für uns, wir schlafen herrlich mit zwei Wächtern vor der Tür.
Wir machen uns mittags wieder auf den Weg. Die Polizisten, alle völlige Chaoten, wissen nicht wirklich ob wir noch auf die Polizeistation müssen oder nicht. Sitzt Christian im Polizeiwagen, heißt es Nein doch nicht. Wollen wir frühstücken, dann soll Christian doch wieder mitkommen. Nach dem vielen hin und her kommen wir endlich los.
Wir fahren mit einer Polizeieskorte im Rücken, zwei Personen vorne im Pickup und einer sitzt hinten auf der Ladefläche mit seinem Gewehr in der Hand, weiter in den Süden.
Von Manshera führt uns die Strasse auf und ab entlang der Ausläufer des Gebirges. Schöne begrünte, hügelige Landschaft, aber leider nimmt der Verkehr stetig zu.
Wir bemerken, dass wir auf Grund des Autos im Nacken schneller unterwegs sind und uns ein wenig davon stressen lassen. Nach jeder Bezirksgrenze wird die Mannschaft gewechselt, die Polizisten betreiben einen Staffellauf. Manche Männer sind total begeistert, aber manche wollen uns schnell wieder aus ihrem Bezirk vertreiben. Mich versucht man mit dem Angebot mich am Pickup mitzunehmen zur schnelleren Weiterfahrt zu überreden. Ich erkläre ihnen wie schön das Wetter doch sei, "Da muss man Radfahren!" Es wird gelacht.
Leider ist es mit dem Campen endgültig vorbei. Die Polizisten erlauben nicht, dass wir im Freien schlafen. Das tägliche Hotel suchen ist aber nicht einfach, es gibt nur wenige Hotels und es ist schwierig genau abends an diesen Ort zu gelangen. Eines Tages haben uns die Polizisten jedoch richtig enttäuscht.
Es ist schon fünf Uhr und wir müssen uns einen Schlafplatz suchen, denn es wird dunkel. Die nächste Stadt erscheint uns richtig, vor allem war es hier lebendig und spannend. Die Polizisten haben sichtlich den Einheimischen hier verboten uns eine Unterkunft zu empfehlen. Laut Polizei dürfen wir hier nicht schlafen! Es steht eine Horde von Leuten um uns und niemand gibt uns eine Auskunft, wahrscheinlich aus Angst vor der Polizei. Wir geben nach und fahren aus der Stadt raus, dann kommt auf einmal ein Junge zu uns und meint "You know, they are lying to you, there is a place to sleep!".
Naja, wir müssen trotzdem vorankommen. Angeblich gibt es laut den Polizisten auf der Hauptstrasse ein paar Kilometer weiter ein gutes Hotel. Schlussendlich kommt heraus, dass uns die Polizisten belogen haben. Nach einigen Kilometern sind sie einfach verschwunden. Sie wollten uns nur aus ihrem Bezirk vertreiben, um wahrscheinlich die Verantwortung über uns los zu werden. Wir mussten schlussendlich noch 20 km weit fahren und dass in der Nacht, bei stark befahrener Strasse.
So, jetzt sind wir in diesem Zimmer. Vor der Tür steht eine Wache für uns. Ich hab noch nie so ein verdrecktes Badezimmer gesehen. Christian fragt den Besitzer, ob es bei ihm zu Hause auch so aussehe. Er beantwortet die Frage ganz locker mit Nein. So verhandelt Christian das Zimmer auf 8$ runter. Nach 10 Minuten steht die Polizei vor der Tür, sie wollen unsere Daten aufnehmen. Der Vorgesetzte der Polizeistation lässt uns mitteilen, dass wir morgen früh um 8 Uhr die Stadt wegen eines wichtigen Feiertages verlassen müssen. Die Chance auf Unruhen ist zu groß.
Der letzte Tag nach Islamabad ist angebrochen. Früh sitzen wir am Fahrrad. Es ist ein schöner, sonniger Tag und wir treten richtig in die Pedale. Wir kommen nach 85 km am Nachmittag in Islamabad an.
Unser Host ist leider noch in der Arbeit und daher rasten wir uns im nahegelegenen F9 Park aus.