Tajikistan, wir träumen von Extrawurstsemmel und Apfelstrudel
distance: 1355.53km
duration: 223h 46min
Schon am ersten Fahrradtag, ca. 80km von der Grenze nach Dushanbe, lernen wir die typischen Strassen von Tajikistan kennen. Es wird eine neue Strasse gebaut, in kurzen Abschnitte kann man auch schon darauf fahren, aber die restliche Strecke besteht aus schlechter Schotterstrasse oder alter gelöcherten Asphaltstrasse.
Trotz den Umständen sind wir sehr motiviert, die Kilometer purzeln und um ca. 20 Uhr werden wir von unserer privaten Gastgeberin in Dushanbe empfangen.
Wir kommen die nächsten Tage in einem traumhaften Haus mitten in Dushanbe unter. Das Haus besitzt endlich wieder einmal ein normales, sauberes Badezimmer und Toiletten. Gemietet wird es von der französischen Expat Veronique, die bei der EU in Dushanbe arbeitet. Sie ist auch eine interessierte Fahrradreisende und so hostet sie schon mal acht Fahrradfahrer gleichzeitig in ihrem Haus.
Unsere Aufenthaltszeit wurde leider durch das Warten auf unser Winterpaket aus Österreich verlängert. Wir genießen aber die Zeit in diesem Haus und auch das Zusammentreffen der vielen Radler.
Ein kleiner Sonntagsausflug
Am Sonntag machten wir mit anderen Expats einen Ausflug in die Berge rund um Dushanbe.
Abreise aus Dushanbe Richtung Pamirhighway
Im Mittelpunkt unserer Gespräche in Dushanbe war natürlich immer der Pamirhighway.
Wie kalt wird es werden, wie verträgt man die Höhe, schafft man alles selbst mit dem Fahrrad zu fahren, gibt es Gelegenheiten Essen zu kaufen, ist das Equipment komplett, wie lange wird man brauchen,...
Es werden die Fahrräder mit den Anderen verglichen und man tauscht sich untereinander aus. Würden wir statt über die Fahrräder über Autos reden hätten wir uns wohl umgangssprachlich "Prolos" genannt.
Die Abreise aus Dushanbe (808 Hm) fiel uns leicht, mit voller Vorfreude auf die Berge entschwinden wir der trockenen Hitze.
Es gibt nach Khorog eine Nord und eine Südroute. Leider sind die Informationen über die Strassenverhältnisse sehr spärlich. Wir entscheiden uns für die Nordroute mit einem hohen Pass (Khaburabat Pass 3252 Hm), der sicher spannend wird. Angeblich sollte es auch eine zusammengebrochene Brücke geben, aber die werden wir dann auch irgendwie überqueren können.
Die Route verläuft stetig aufwärts, die ersten zwei Tage durch ein schönes, breites und grünes Tal
Wir erreichen die Abzweigung nach Khorog über eine Brücke und von nun an überwiegt im restliche Tajikistan die Schotterstrasse.
Wenn man ein gewisses Tempo und Vorankommen auf der Landkarte gewohnt ist, dann kann eine Schotterstrasse am Anfang sehr deprimierend werden. Es gibt kaum Kilometer am Tachometer und man ärgert sich anfangs durchgehend über die Strasse.
Das neue Tal ist extrem eng, wir fragen uns wie lange wir hier wohl entlang fahren. Wir bemühen uns früh aufzustehen, damit wir die Fahrzeit erhöhen können und hoffen immer noch auf einen besseren Strassenbelag.
Die Herausforderung ist groß, diese Wege selbst mit eigener Kraft zu bewältigen.
Der letzte Police Stop und der Pass kann beginnen.
Da es hier weit und breit keine Einkaufsmöglichkeiten gibt, schenkt uns der Polizist sein gutes Brot. Wir essen es mit vollem Genuss und nebenbei plaudert der Polizist in einem guten englisch mit uns über unsere Reise. Man merkt, dass er gerne mit Touristen spricht!
Es wurde Mittag und wurden danach noch spontan von einer Familie zum Mittagessen eingeladen. Der Sohn der Familie hatte die Schule begonnen und ihm zu Ehren wurde ein Fest veranstaltet. Es wird das Dorf nach Hause eingeladen, wo Frauen und Männer getrennt am voll bedeckten Boden essen und den Schuljungen feiern. Uns kommt so etwas sehr recht, denn ohne viel Kommunikation können wir auch bald schon wieder weiterfahren.
Bis zur Anhöhe auf 3252 Hm sind es ca. 25 km auf einer groben Schotterpiste.
Das Rückrad dreht an dieser Strasse immer wieder durch, wie ärgerlich! Wir fahren an diesem Tag bis zur letzten möglichen Schlafstelle und erreichen die Passspitze dann erst am nächsten Tag.
Ich fand den Anstieg mühsam, denn man konnte das Ende nicht sehen bzw. dachte ich immer ich sehe es schon. Nach jeder Kurve kam noch eine Kurve! Meine Nerven waren schon sehr dünn, zudem es schon spät wurde und wir noch mind. eine Stunde für die Abfahrt benötigen. Christian versucht mich immer zu beruhigen, aber ein Snickers kann er dann doch nicht überbieten.
Die zusammengebrochene Brücke kam dann doch noch. Es wäre das Durchqueren des Flusses möglich gewesen, aber bei der letzten Polizeistation wurde ein Geländewagen für uns bestellt. Wir waren schon gespannt aufs Abenteuer aber leider haben wir dann den Fluss mit dem Auto überquert. Ärgerlicherweise mussten wir das Auto auch noch bezahlen (40 Som).
In der nächsten Woche, im Panjtal, sind die Berge felsig und sehr steil.
Wir fahren von Kalaikhum nach Khorog entlang des Panjflusses, der sich sichtlich durch die Landschaft gefressen hat. Der Panj bildet die Grenze zu Afghanistan und so konnten wir sogar den Afghanen über den Fluss zuwinken.
Die Strasse auf unserer Seite war schon sehr schlecht, aber die bei den Afghanen war teils nur ein schmaler Steg. Ich denke oft über mein Glück nach, dass ich an einem entwickelten Ort geboren wurde.
In Usbekistan hatten wir nur gute und leicht zu befahrene Strassen, daher war ich total aufgeregt endlich mal eine spannende Strasse zu fahren. Zwar war die Schotterstrasse sehr unangenehm, aber der Blick in die Tiefe, den Abgrund neben der Strasse fand ich sehr aufregend.
Wir bemühten uns 60 km am Tag zu fahren um voranzukommen. Es ging auf und ab, wir machten am Tag fast 800 Höhenmeter und gewannen kein bisschen an Metern.
Das Tal verändert sich ca.100 Kilometer vor Khorog.
In Khorog wurde uns die Pamir Lodge empfohlen. Es war dort ein Zusammentreffen vieler Radfahrer und auch Motorradfahrer. Wir zahlen gemeinsam 22$ für das Zimmer ohne Essen. Es gibt für alle nur eine Dusche und drei Klos hinter dem Haus. Wir erhofften uns ein bisschen mehr, da Christian wieder Magenprobleme hatte. Was wäre es für ein Luxus, wenn man für das Klo nicht ins Freie gehen müsste.
Wir erfahren, dass hier fast alle Touristen an Magenproblemen leiden. Man kann noch so gut aufpassen, irgendwann erwischt es dann doch jeden. Ich war anfangs noch gesund aber auch ich blieb nicht verschont. Plötzlich in einer Nacht hat es mich schlimmstens erwischt. Die Abreise verzögerte sich um zwei Tage.
Wir sind hier in einem Krankenlager, schnell weg von hier!
Wir treffen in der Pamir Lodge das schweizer Fahrradpaar, Ivonne und Christian und die deutschen Weltradler Ria und Oliver. Daniel aus England, den wir seit Iran kennen. Auch Alex aus England lernen wir kennen.
Bei soviel Radfahrern wäre ein gemeinsames Fahren lustig aber jeder hat seinen eigenen Kopf und fährt daher an einem anderen Tag los. Egal wie schnell Radfahrer unterwegs sind, irgendwo sieht man sich wieder. Sogar die Schnellsten sieht man früher als gedacht.
Jetzt ist der Pamir wirklich nicht mehr weit entfernt. Khorog befindet sich auf 2065 Hm und somit müssen wir noch ca. 2000 Hm klettern. Für diese Strecke benötigt man ein Permit, welches Christian schon in Österreich organisiert hatte.
Auf dem Weg in die Höhe
Der geografische Anfang des Pamirs beginnt mit dem 1. von 8 Pässen. Von dort kommt man auf die Hochebene, die sich auf durchschnittlich 4000 Höhenmeter befindet. Wir radeln den ersten Pass, den Koy-Tezek Pass 4272 Hm mit Ivonne und Christian im Schneckentempo hoch.
Wie schön wäre hier ein Gipfelhaus mit gutem Essen hmmm. Es weht uns der Wind um die Ohren und so gibts für die Mittagspause nur ein Snickers.
Der zweite Pass folgt bald darauf, den wir uns aber für den nächsten Tag aufsparen. Wir machen es uns am Fusse des Passes auf 4100 Hm neben einem Fluss gemütlich. In dieser Nacht hatten wir das erste mal -4 Grad und stürmischen Wind.
Nach fünf anstrengenden Tagen planen wir einen Tag Rast in Bulunkul. Endlich waren wir wieder nach dem Pass auf tollem Asphalt gekommen und schneller als man glaubt fährt man den Abstecher nach Bulunkul 15 km Wellplechpiste mit Gegenwind entlang. Diese Strasse gab mir den Rest, sodass ich zum Ersten mal heulend mein Fahrrad auf den Boden schmiss. (15 km in 2 Stunden).
Die Strecke nach Murgab auf der M41 genossen wir mit Rückenwind und kommen dort im Pamir Hotel für drei Nächte unter. Von Murghab (3612 Hm) kann man den Mustagh Ata (7546 Hm), Gletscher in China in der Ferne sehen.
Hätten wir schon ein China Visum, so würden wir nicht nach Bishkek (Kirgisistan) hochfahren müssen.
In Murghab mussten wir uns bei der Polizei registrieren. Wir haben ein 45 Tage - Visum, aber nach 30 Tagen muss man die Prozedur der Registrierung mitmachen, sonst gibts Probleme beider Ausreise. Zwei Tage, 140 Som pro Person, viel Geduld in der Bank beim Ausfüllen tajikischer Formulare, kostete uns dieser Spaß. Aber wir waren Stolz auf die Eroberung des Formulars und konnten es als Souvenir, dank Ria, bei der Ausreise mit uns nehmen.
In Alichur und Murghab beginnt es sichtlich kirgisisch zu werden, obwohl wir noch weit von der Grenze entfernt sind. Die Kleidung und Kopfbedeckung ändert sich.
90 Prozent der Bevölkerung sind hier Kirgisen, die Jungen sprechen nur Kirgisisch, die ältere Generation spricht noch Russisch. Unsere junge Gastgeberin vom Hotel konnte unser Formular für die Registrierung in der Bank, welches auf Tajik geschrieben war, nicht ausfüllen.
Zwischen Murghab und Karakul gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten und auch keine Dörfer. Wir laden unsere Taschen mit Essen bis an den Rand voll. Der Bazar in Murghab ist zum Glück voll mit kirgisischen Lebensmitteln, sogar Äpfel und Birnen gibt es wieder. Laut Erzählungen soll es in Osh, Kirgisistan wieder alles zu kaufen geben und wir sehnen uns nach einem vollbefüllten Supermarkt.
Vor Karakul kommt der höchste Pass (Akbaytal Pass 4655 Hm) auf uns zu. Schon bei den kleinsten Steigungen spürt man die Höhe und schnappt nach Luft. An diesem Tag fuhren wir ca. 30km bis zum Anstieg, nachmittags schleppten wir uns dann den Berg hoch. Ich konnte keinen Meter mehr Radfahren und entschied mich zum Ersten mal fürs Schieben. Sogar beim Schieben kostete es mich meine ganze Energie. Wettertechnisch hatten wir Glück und konnten blauen Himmel genießen. Die Anhöhe war leider sehr unspektakulär, aber hinter dem Pass öffnete sich ein faszinierendes Tal. Schon bald war der perfekte Campingplatz auf 4200 Hm gefunden.
Die Szenerie war der Wahnsinn, nur in der Nacht wurde es ungemütlich bei -10 Grad.
In Karakul, das letzte kleine Dörfchen vor der Grenze zu Kirgisistan, schliefen wir in einem Homestay und erhofften uns wiedereinmal ein nährhaftes Abendessen. Leider stellten wir fest, dass hier selbst die Einheimischen nur von Kartoffeln, Reis und Nudeln leben. Mittags fiel unser Essen noch spärlicher aus. Uns wurde Plov und Fleischsuppe versprochen, am Tisch stand dann Suppe mit zwei Stück Kartoffeln. Wir träumen von einem guten Schweinsbraten und davon, dass wir bald im Land der Träume, in Kirgisistan sind. Die Erwartungen werden hoch gesteckt, dass wir in Osh leckeres Essen bekommen und dass die Unterkunft "Hotel Deluxe" gute Betten und eine warme Dusche für uns bereit hält.
Die letzte Strecke von Karakul zur Grenze hat noch zwei Pässe für uns parat und die kirgisische Grenze befindet sich natürlich auf einem dieser Pässe. Die Strecke war noch sehr mühsam, es war windig und kalt.
In der Nacht hatte es -10 Grad und ich freute mich schon auf die Abfahrt, denn meine Grenze an Kälte wurde errreicht. Siehe da, nach tausend Höhenmeter Abfahrt wurde es schon um einiges wärmer und der erste Ort in Kirgisistan, Sary Tash wartete schon auf uns.
Eindrücke und neue Erfahrungen
Kilometerlange Schotterpisten und Wellblechpisten, durchhalten!
Gegenwind ohne ein Vorankommen, Christian schiebt mich an.
Das Fahrad schieben, weil die Luft zu knapp wird.
Jeden Tag Kartoffeln oder Nudeln
Chinesische Instantnudeln werden zum Dauermittagessen
Träumen von Extrawurstsemmel mit Gurkerln und Apfelstrudel mit Vanillesauce
Träumen vom Hotel De Luxe
Gemeinsam radelt es sich leichter, mit Ria und Oliver nach Osh.
Atemnot in der Nacht auf 4100 Hm.
Bei -10 Grad campen und alles ist gefroren
Das Gefühl wirklich abgelegen zu sein.
Komplette Stille
Wenig Wasserquellen, keine Bäume, einfach Nichts.
Eine geschwollene Backe, hoffentlich nur von der Höhe
Kärntner Landsleute auf der Strasse im Nirgendwo zu treffen, gemischte Gefühle.
Getrocknete Yakdung als Brennmaterial
Plumsklos haben kein Dach und zwei Löcher!