Der IRAN, fremde Kultur

by Daniela , published on August 20, 2013

distance: 310.63km
duration: 52h 50min

Wir überquerten die Grenze an einem regnerischen, sehr stürmischen Tag. Ich hatte meine Regenhose, Regenjacke und die gehäckelte Wollmütze meiner Schwiegermutter auf. Da mir so kalt war, versuchte ich die iranische Grenze mit der Wollmütze zu überqueren. Die Frauen hinter mir richteten sich für die Beamten fromm die Kopftücher. Die Beamten arbeiteten sehr langsam, wahrscheinlich hat noch nie ein Österreicher diese Grenze überquert und schon gar nicht mit zwei Reisepässen. Beim Warten hatte ich ein komisches Gefühl, aber siehe da, schlussendlich bekamen wir trotz meiner Wollmütze einen Stempel in den Pass.

Uns ist ganz stark aufgefallen, dass in der Türkei keine Bäume gepflanzt werden. Wenn keine von Natur aus wachsen, dann gibt es auch keine. 

Klassischer LKW, Eigenbau Iran. Wir sind positiv ueberrascht worden wieviel Baeume es schon direkt nach der Grenze gibt.

Wir haben bei der ersten Moeglichkeit halt gemacht und uns Cay und leckeren Muffin gegoennt. Im Hintergrund sieht man die klassischen Pickups. Auch Eigenbau Iran und daher fuer jeden leistbar

Handgehackter Zucker. Ohne Zucker geht hier gar nichts. Den Zucker laesst man aber beim Caytrinken auf der Zunge zergehen.

Abwaerts, juhee

Die Fahrt nach Khoy ging hinaus aus einem sehr felsigen, engen Tal. Es ist ein interessantes Gefühl wenn man aus den Bergen in die Ebene fährt und die Landschaft immer weiter wird.

Angekommen in der ersten größeren Stadt sind wir schon ganz gespannt was es hier alles so Neues zu entdecken gibt. In Khoy gibt es leider nur ein Dreistern-Hotel und es liegt ausserhalb der Stadt, was uns nicht so erfreut. Nach längerem Preisverhandeln zahlen wir 25 Dollar für eine Nacht mit Frühstück. Das erste Abendessen im Iran bestand aus Hühnerspieß und gegrillten Tomaten. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wussten, dass wir dieses Gericht von nun an fast zu jeder Mahlzeit bekommen werden.

Abendstimmung in Khoy

Bazar, soviel Ramsch

Am nächsten Tag erkunden wir die Stadt. Uns fällt sofort der schwarze Umhang auf, den hier 90% Prozent der Frauen tragen. Ich war der Meinung, dass der Iran diesbezüglich moderner sei und das die Frauen nur einen Schal am Kopf tragen würden. Wir wurden des Besseren belehrt. Nicht nur in Khoy, sondern im ganzen Iran wird hauptsächlich der schwarze Chador von den Frauen bevorzugt. Der Chador ist nicht Pflicht aber die Iranerinnen sind sehr religiös.

Dieser Mann zeichnet die Muster der Teppiche freihaendig auf ein Millimeterpapier.

Zwischen alldem Handwerk gibt es leider sehr viel Plastikgegenstände. Sogar beim Essen bekommt man Plastikteller und Plastikgläser, wobei die Gläser danach weggeworfen werden.

Grundsätzlich ist die Verschmutzung der Natur hier nicht so extrem wie in der Türkei, aber noch immer sind die Strassengräben auffällig dreckig. Die Städte sind meist sauberer, da auch mehr Mülltonnen und natürlich auch Strassenpersonal vorhanden ist. Im Iran hat sich allerdings die Anzahl an Plastikgegenständen stark erhöht. Man sitzt auf Plastikstühlen, man isst auf Plastiktellern mit Plastikgläsern und auf jedem Tisch gibt es natürlich eine "schöne" Plastiktischdecke. Ich kann mich gut an das klebrige Gefühl an meinen Unterarmen beim Essen erinnern. Auch viele Gegenstände, die bei uns aus Holz oder Metall, sind werden aus Plastik hergestellt. 

Schuster

In Khoy gab es den ersten tollen Bazar, wir haben dort Teppiche geschmöckert und unseren Träumen freien Lauf gelassen. Als wir Geld wechseln wollten, hat uns ein 17-jähriger Junge angesprochen und wir bekamen sofort Hilfe angeboten. Nach dem Geldwechseln lud er uns auf einen Cay in das Geschäft seines Vaters ein. Ein kleiner Raum im Bazar, voll mit Schafwolle. Er kauft und verkauft Wolle. Da der Junge sehr gut Englisch sprach und er sich auch gerne mit uns unterhielt, wurden wir zum Mittagessen in ihr privates Haus eingeladen. Zu Hause wurde offen über die Probleme im Iran gesprochen. Natürlich darf man von diesen Gesprächen nichts nach draussen tragen. Die Familie ist sehr religiös und der Vater sucht für seinen Sohn die Frau aus. Mich hat diese konservative Einstellung erschrocken.

An diesem Tag in Koy war es sehr warm und der Junge ging später noch ins Schwimmbad. Natürlich gibt es kein gemeinsames Schwimmen mit den Frauen. Es gibt getrennte Zeiten für Mann und Frau.

Auf unserer weiteren Reise im Iran gab es so einige Momente, wo ich die Trennung von Mann und Frau nicht ganz glauben wollte:  Im Bus steigt die Frau hinten ein und sitzt hinten. Der Bus ist mittig mit einer Stange getrennt. In der U-Bahn gibt es einen eigenen Frauenwaggon "only women", beim Warten auf das Brot beim Bäcker gibt es eine eigene Frauenschlange.

Ich sehe nichts Positives darin, aber es wird mir immer wieder erklärt, dass sich die Frauen so wohler fühlen. Die Frauen können sich so, glaub halt ich, nicht weiter entwickeln. Sicher gibt es immer wieder Ausnahmen, vor allem in der Stadt, aber am Land...! Es ist doch wichtig sich selber kennenzulernen, zu wissen wie man aussieht. Wenn ich mich jeden Tag mit einem schwarzen Umhang sehen würde, hätte ich keine Freude an mir. Dann ist mir egal was ich darunter anziehe oder wie meine Haare aussehen.  

Auf der Fahrt nach Tabriz entdeckten wir das beste Essen und zwar "Abgusht". Man trinkt zuerst die Suppe und den Rest, meist Kartoffeln, Kichererbsen und Fleisch zermatscht man und isst es mit Brot. Dafür gibt es ein eigenes Metallgeschirr. Das Brot könnt ihr euch wie Papier mit Bläschen vorstellen, sehr dünn und geschmacklos. Die Einheimischen haben sich das Essen richtig in den Mund gestopft, wie man im Hinergrund sehen kann. Unser Lieblingsgetränk ist das Cola der iranische Eigenmarke "Zam Zam".  

Abfahrt vom Schlafplatz
 

Zelt aufgestellt und schon gabs Besuch. Ein Mann mit seiner Frau am Motorrad brachten uns Cay und Mandeln. Ich bin abends froh, wenn ich mein Kopftuch abnehmen kann - aber ich bemerkte in diesem Moment, dass ein Mann zu uns kommen wollte. Da ich das Kopftuch abnahm, drehte er sich um und blieb stehen. Ich gab das Tuch wieder auf meinen Kopf und dann erst kam er zu uns. Aus Respekt gegenüber der Frauen kommen Männer in solchen Situationen nicht näher.

Es gab bei der Ankunft in Tabriz eine ähnliche Situation:

Es ist mir schon viel zu heiß geworden und als wir in der Stadt ankamen war ich völlig fertig. Ich überlegte nicht lange und nahm mein Kopftuch runter und machte mir meinen Kopf komplett naß. Als ich fertig war, waren alle Männer, die sich schon wegen uns versammelt hatten, wieder weggegangen. Nachdem ich fertig war, kamen sie zurück, um mit Christian zu quatschen.

Wir radelten nach Tabriz, sodass wir nördlich vom Urmiasee entlang fuhren. An dieser Küste war nichts vom Wasser zu sehen - lediglich das übergebliebene Salz war am Horizont als weisser Streifen sichtbar.

Vom See selbst ist nicht mehr viel ueber ausser das Salz.

Strassenszene

Spät in Tabriz angekommen suchten wir uns eines der günstigen Guesthouses zur Übernachtung aus. Wir wollen sparen war unsere Devise. Am nächsten Tag aber haben wir uns umentschieden und wir suchten uns ein Hotel. Wir hatten kein Auge zugemacht, da die Strasse vor Türe einfach zu laut dröhnte und der günstige Preis schlug sich geruchsmässig bei den Sanitäranlagen nieder. Sparen lohnt sich da also nicht.  

Haupteingang der blauen Moschee

Wir waren in der ersten größeren Stadt seit unserer Reise, endlich mal etwas Kulturelles. Wir besuchten am nächsten Tag die blaue Moschee. Ich fand sie sehr schön, nur leider wurde sehr wenig von ihr renoviert. Sie wird auch nicht mehr wie ursprünglich benutzt, mittlerweile ist sie eine Sehenswürdigkeit mit Eintritt.  

Arkande vor der blauen Moschee
 

Mosaike am Eingangsbereich
 

Vor der Moschee haben wir später die ersten Fahrradtouristen getroffen. Frank aus der Schweiz, Daniel aus England und Gabor aus Ungarn. Sie wurden begleitet von einem Einheimischen, mit dem wir den darauffolgenden Tag verbrachten. Dank ihm wurden unsere Probleme am Busbahnhof bezüglich der Radmitnahme geklärt. Ohne ihn hätte uns der Busfahrer einfach nicht mitgenommen. Es ist immer gut einen einheimischen Kontakt in der Tasche zu haben.

Geknuepfte Wandbilder sind sehr beliebt, dafuer gibts eine grosse Auswahl an Wolle

Die letzten alten Erinnerungen an England

Ich konnte mir in Tabriz einen neuen Radschlauch besorgen, denn wiedereinmal hatte ich am Rückrad einen Platten und nach dem fünften mal flicken wurde das Loch immer noch nicht dicht. Man sagt es sei anscheinend zu heiß, hmm... Mit dem neuen Schlauch ist mein Rückradproblem nun endlich gelöst.